Zum digitalen Nachlass: Vererblichkeit des Zugangs zum Instagram-Account
(OLG Oldenburg (13. Zivilsenat), Urteil vom 30.12.2024 – 13 U 116/23)
Mit Urteil vom 30.12.2024 hat das Oberlandesgericht Oldenburg (13. Zivilsenat) entschieden, dass Erben nicht nur passiv auf den Instagram-Account eines Verstorbenen zugreifen, sondern diesen auch aktiv weiterführen dürfen.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist die Ehefrau und alleinige Erbin eines verstorbenen Castingshow-Teilnehmers, dessen Instagram-Account nach seinem Tod durch Meta in den sog. „Gedenkzustand“ versetzt wurde.
Sie verlangte vollständigen Zugang, einschließlich der Möglichkeit, neue Beiträge im Namen des Verstorbenen zu posten. Der Plattformbetreiber verweigerte dies mit Verweis auf den Schutz der Privatsphäre und auf technische Vorgaben.
Entscheidung des OLG:
Das Gericht entschied, dass die Erbin eines verstorbenen Nutzers eines sozialen Netzwerks uneingeschränkten Zugang zu dessen Benutzerkonto, einschließlich der aktiven Nutzung, hat.
Die Erbenstellung hat gemäß § 1922 BGB zur Folge, dass die Erbin in die vertragliche Rechtsstellung des Erblassers mit sämtlichen Rechten und Pflichten eintritt, sofern die Vererblichkeit dieser Rechtsstellung vertraglich nicht ausgeschlossen ist. Dies umfasst im Ausgangspunkt den Anspruch auf passive (lesende) wie aktive (schreibende) Nutzung des Accounts.
Mangels höchstpersönlichen Charakters ist die Vererblichkeit des Rechts auf aktive Nutzung eines solchen Accounts insbesondere nicht durch das Wesen des Nutzungsvertrags ausgeschlossen.
Die Leistungspflichten der Vertragsparteien seien lediglich technischer Natur, etwa die Kommunikationsplattform zur Verfügung zu stellen und die Inhalte zu veröffentlichen, und gerade nicht personenbezogen. Nicht die Leistungen des Plattformbetreibers, sondern die von Nutzern geschaffenen und kommunizierten Inhalte sind persönlichkeitsrechtsrelevant.
Bedeutung für die Praxis:
Bereits im Jahr 2018 hat der Bundesgerichtshof in seiner grundlegenden Entscheidung (BGH III ZR 183/17 vom 12.07.2018) klargestellt, dass der Anspruch auf Zugang zu einem Social-Media -Benutzerkonto grundsätzlich vererblich ist. In jener Entscheidung bezog sich das Gericht jedoch lediglich auf die passive Nutzung eines Accounts.
Mit seiner aktuellen Entscheidung geht das Oberlandesgericht Oldenburg über die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hinaus. Der nun zugesprochene aktive Zugang – insbesondere die Möglichkeit, Inhalte zu ändern oder neue zu posten – stellt eine bedeutende Erweiterung der Erbenrechte im digitalen Raum dar.
Wie die Plattformbetreiber auf die neue Rechtsprechung reagieren werden, bleibt abzuwarten.
Angesichts der zunehmenden Verbreitung und alltäglichen Nutzung der Social-Media-Plattformen wird auch Privatpersonen empfohlen, im Rahmen ihrer letztwilligen Verfügungen entsprechende Regelungen zum digitalen Nachlass zu treffen.