Gewerbe-Mietrecht: Gewerbemiete binnen der Corona-Pandemie

Gewerberaum-Mietrecht:

 

Update 2 vom 13.01.2022:

Der BGH hat nunmehr seine Entscheidung veröffentlicht (BGH XII ZR 8/21).  Er kommt zum Schluss, dass in den Vorliegenden Fällen nur der Wegfall der Geschäftsgrundlage (WGG) grundsätzlich einschlägig sein kann, aber eine pauschale Regelung nicht angezeigt ist. Er hat den Fall an das OLG zur weiteren Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen.

 

Der für die Bewertung nach dem WGG relevante Teil des Urteils ist folgender:

„Dabei obliegt es grundsätzlich der Vertragspartei, die sich auf eine Störung der Geschäftsgrundlage beruft, nachzuweisen, dass ihr ein Festhalten am unveränderten Vertrag unzumutbar ist (MünchKommBGB/Finkenauer 8. Aufl.§ 313 Rn. 135 mwN). Im Falle einer pandemiebedingten Geschäftsschließung muss daher der Mieter darlegen und gegebenenfalls beweisen, welche Nachteile ihm aus der Betriebsschließung entstanden sind, die ihm eine vollständige Mietzahlung für diesen Zeitraum unzumutbar machen (Saxinger ZMR 2020, 1002,1007 f.; Tölle/Ehrentreich IMR 2021, 178, 180), und welche zumutbaren Anstrengungen er unternommen hat, um drohende Verluste auszugleichen. Behauptet der Mieter, keine staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten zu haben, muss er darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass er sich um mögliche Hilfeleistungen vergeblich bemüht hat. Gelingt ihm dies nicht, muss er sich so behandeln lassen, als hätte er die staatlichen Unterstützungsleistungen erhalten (Häublein/Müller NZM 2020, 481, 489). Wendet hingegen der Vermieter ein, dass die vom Mieter behaupteten Verluste nicht auf der COVID-19-Pandemie beruhen, trifft ihn hierfür die Darlegungs- und Beweislast (BeckOGK/Martens [Stand: 1.Oktober 2021] BGB § 313 Rn. 251). Auf dieser Grundlage hat das Gericht in tatrichterlicher Verantwortung und unter Berücksichtigung von § 287 ZPO für den konkreten Einzelfall die Voraussetzungen des § 313 BGB festzustellen und gegebenenfalls eine Vertragsanpassung vorzunehmen.“

 

Daraus kann wohl geschlossen werden, dass Folgendes gesichert ist:

Es ist eine umfassende Abwägung vorzunehmen, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind. Das mit der Pandemie verbundene Risiko kann regelmäßig keiner Vertragspartei allein zugewiesen werden.

 

In die Überlegung ist einzustellen und somit von der beweisbelasteten Partei vorzutragen und zu beweisen:

  • Welche Nachteile dem Mieter durch die Geschäftsschließung und deren Dauer entstanden sind, wobei dies primär in einem konkreten Umsatzrückgang für die Zeit der Schließung besteht.
  • Welche Maßnahmen der Mieter ergriffen hat oder ergreifen konnte, um die drohenden Verluste während der Geschäftsschließung zu vermindern.
  • Welche finanziellen Vorteile hat der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erlangt. Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, die nur auf Basis eines Darlehens gewährt wurden, bleiben außer Betracht.
  • Schließlich sind bei der gebotenen Abwägung auch die Interessen des Vermieters in den Blick zu nehmen.

 

Somit ist eine gewisse Sicherheit gewonnen, nach welchen Kriterien die im Streit stehenden Mietverhältnisse zu bewerten sind. Um eine umfassende Prüfung im Einzelfall, nach den aufgezeigten Kriterien, führt jedoch kein Weg mehr vorbei.  

 

Update 1 vom 2.12.2021:

Der BGH hatte gestern seine erste Verhandlung bezüglich der Frage einer Mietanpassung im Corona-Lockdown. Ein Urteil wurde noch nicht gesprochen.

Die Richter wollen ihr Urteil am 12. Januar verkünden (Az. XII ZR 8/21).

Sicher scheint nur zu sein, dass eine pauschale Halbe/Halbe-Regelung nicht die Lösung sein wird. Das Gericht ist der Meinung, dass unter Anderem mitberücksichtigt werden muss, ob der betroffene Geschäftsinhaber staatliche Hilfen oder Leistungen aus einer Betriebsschließungsversicherung bekommen hat. Es wird also eine umfassende Prüfung aller Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden müssen.

Es steht zu hoffen, dass in der Entscheidung – die wohl bereits  am 12.01.2021 mit Gründen vorliegen wird – klare Hinweise auf die maßgeblichen Kriterien enthalten sein werden. Dann können diese auf den konkreten Einzelfall angewendet werden.

 

Ursprungsmeldung vom 30.11.2021

Am 1.12.2021 ist es voraussichtlich soweit: der BGH wird seine erste Entscheidung zur Problematik der Mietzahlungen während der Pandemie verhandeln. Verhandlungstermin ist in Sachen XII ZR 8/21 (Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäftsschließung).

Vorinstanzen:

  • LG Chemnitz – 4 O 639/20 - Urteil vom 26. August 2020
  • OLG Dresden – 5 U 1782/20 - Urteil vom 24. Februar 2021

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NIKOLAUS HANTKE

Rechtsanwalt
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

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